Naima Tiné, M.A.

Lehrstuhl für Allgemeine Geschichte der Neuesten Zeit
Raum 2.13

Domstraße 9a
17487 Greifswald

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Die Geburt der modernen Welt. Reproduktionsmedizin und Kapitalismus um 1900

Ausgehend von der These, dass die Rationalisierung und Standardisierung der ökonomischen Produktionsweise im 19. und frühen 20. Jahrhundert ihr gesellschaftspolitisches Pendant in der Medikalisierung der biologischen Reproduktionsweise fanden, untersucht das Promotionsprojekt die Entstehung und Entwicklung von Gynäkologie und Geburtshilfe um 1900 sowie Debatten um Reproduktion innerhalb Arbeiter*innenklasse. An der Schnittschnelle von Arbeits-, Körper- und Medizingeschichte angesiedelt, wird Reproduktion als eine spezifische Form der Arbeit begriffen, die im Zuge medizinischer Professionalisierungen um den weiblichen Körper herum neu justiert und organisiert wird. Welchen Einfluss diese Entwicklung konkret auf die Organisation des Kinderkriegens hatte, ist die leitende Frage des Projekts. Inwieweit wurde die Figur der Patientin neu entworfen, inwieweit die des Arztes, und die der Hebamme? Wie veränderte sich der medizinische Blick auf den schwangeren Körper, wie auf den Vorgang der Geburt und dessen konkreten Ablauf, aber auch auf den Ort des Gebärens? Inwieweit lässt sich mit der Verschiebung der Hausgeburt zum Geburtshaus eine Vergeschlechtlichung der Raum(-Aufteilung) beobachten? Welche Rolle spielte Reproduktionsmedizin für Arbeiterinnen und wie wurde sie politisch verhandelt? Aus welcher Machtposition und mithilfe welcher Mittel werden Reproduktionsvorgänge durchgesetzt, beeinflusst und angeeignet aber auch verhindert? Schließlich: Inwieweit repräsentiert die Geburt des Einzelnen die Geburt der modernen Welt an der Schwelle zum 20. Jahrhundert?