Die Inszenierung des Todes in Übersee

Koloniale Sepulkralkultur in Indien (16.-19. Jahrhundert)

A. Drost, Tod und Erinnerung in der kolonialen Gesellschaft. Koloniale Sepulkralkultur in Bengalen (17.-19. Jahrhundert), Jena 2011.

Seit dem Zeitalter der europäischen Expansion begegnen sich im asiatischen Raum unterschiedliche Erinnerungskulturen europäischer und asiatischer Provenienz mit jeweils anders gearteten Erinnerungsmotiven und -symbolen. Die kolonialen Friedhöfe in Indien bieten mit ihrem reichen architektonischen Befund vor Ort sowie im Kontext der spezifischen schriftlichen Quellen ein Zeugnis europäisch-kolonialen Selbstverständnisses, welches sich zu einem wesentlichen Teil in der Inszenierung des Todes widerspiegelt; denn durch die deutlich geringere Lebenserwartung der Kaufleute und Missionare in Asien bildete der Tod einen noch unmittelbareren Bestandteil des Alltags als es schon in Europa der Fall war. Dabei unterlagen Sepulkralkultur und Jenseitserwartungen zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert einem langfristigen Wandel, der sowohl sozial- als auch kultur- und mentalitätsgeschichtliche Paradigmenverlagerungen aufzeigt.

Auf dem indischen Subkontinent befinden sich gegenwärtig noch zahlreiche europäische Friedhöfe, die allerdings auf Grund des tropischen Klimas sowie menschlichen Einwirkens zunehmend dem Verfall ausgesetzt sind. In dem Wissen um die allmähliche Zerstörung kolonialer Friedhöfe und das Fehlen einer sozial- oder kunstgeschichtlichen Forschung zu diesem Sujet soll mit diesem Forschungsprojekt ein Beitrag zur Ausdifferenzierung unterschiedlicher Erinnerungskulturen in Asien und Europa geleistet werden. Es soll ein Bild nachgezeichnet werden, das Einblicke in koloniale Identitäten und koloniales Selbstverständnis in Übersee im zeitlichen Wandel ermöglicht. Außerdem soll die Bearbeitung des Themas eine Sensibilisierung der Öffentlichkeit in Indien und im europäischen Raum für die Erhaltung dieses kulturellen indo-europäischen Erbes bewirken.

 

Das Projekte wurde unter der Leitung von Prof. Dr. Michael North von den Projektmitarbeitern PD Dr. Martin Krieger und Alexander Drost, M.A. durchgeführt.