Kooperationsverbund „Land und Meer: Kommunikation und Integration im Ostseeraum“
Der Greifswalder Kooperationsverbund „Land und Meer“, gefördert vom Land Mecklenburg-Vorpommern, widmet sich den vielfältigen politischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Beziehungen, die den Ostseeraum als Sinneinheit erfahrbar machen. Als Parameter der interdisziplinären Arbeit dienen die Begriffe „Kommunikation“ und „Integration“, welche gesellschaftliche Interaktionsformen beschreiben, die den Untersuchungsraum erst als historisch gewachsene Entität konstituieren; dabei geht es einerseits um die Binnenstrukturen des Ostseeraumes mit seinem weiten Hinterland, andererseits aber auch um Interdependenz und Transformationsprozesse mit anderen Regionen, vor allem mit Nordwesteuropa.
Konkret kooperieren die Disziplinen Philosophie (Prof. Dr. Werner Stegmaier), Psychologie (Prof. Dr. Manfred Bornewasser, Prof. Dr. Alfons Hamm) und Geschichtswissenschaften (Prof. Dr. Michael North) miteinander, die eine umfassende Kulturwissenschaft als übergeordneten Rahmen betrachten. Die Forschungsvorhaben im Bereich Geschichtswissenschaft unterteilen sich in mehrere Teilprojekte, die unter Leitung von Prof. Dr. Michael North, Prof. Dr. Christian Lübke und Prof. Dr. Thomas Stamm-Kuhlmann und Prof. Dr. Heinz-Peter Schmiedebach stehen. Das Projekt „Küste-Hinterland: ökonomische und kulturelle Verflechtungen“ – Leiter Prof. Dr. Michael North - besteht aus zwei Teilen (Subproject 1 „Transfer and Reception of Art and Artistic Ideas into the Ports and the Hinterlands of the Baltic Sea” and Subproject 2 „Culture Currents and Intellectual Networks between the Baltic Area and England”). Zum einen widmet es sich dem Kulturtransfer von Westeuropa über die Ostsee (insbesondere aus den Niederlanden) in die Häfen Polens und von den Häfen über die Flüsse in das polnische Hinterland. Zentrale Fragen dabei sind, ob Waren- und Kulturströme parallel liefen oder vielleicht gegenläufig, in welchem Maße Kunst und künstlerische Ideen in den Sammlungen
Danziger Bürger und polnischer Adliger rezipiert wurden und welche Rolle Danzig als Vermittler in diesem Kulturtransfer spielte. Von besonderem Interesse ist dabei, wie die für die Niederlande im 17. und in Mitteleuropa im 18. Jahrhundert rekonstruierte „Säkularisierung des Geschmacks“ (d. h., die Ersetzung von religiösen Historien durch Genre- und Landschaftsmalerei) auch die polnische Adelsrepublik erfasste. Mögliche Quellen für diese Fragestellungen sind die Kaufmannskorrespondenz, Nachlassinventare, Sammlungs- und Auktionskataloge. Zum anderen befasst sich das Projekt mit der Kommunikation und den intellektuellen Netzwerken zwischen dem Ostseeraum (insbesondere dem Elbinger Kaufleutemilieu) und England. Im Zentrum stehen drei Persönlichkeiten: Jan Amos Comenius, John Dury und Samuel Hartlib. Letzterer ist besonders interessant, da er als Sohn eines deutschen Kaufmanns und der Tochter des Vorstehers der Eastland-Company große Bedeutung in England gewinnen sollte. Vor allem seine Korrespondenz, ist von besonderer Relevanz, um die intellektuellen Netzwerke, die sich auf verschiedenen Ebenen erstreckten, rekonstruieren zu können. Im Projekt wird Samuel Hartlibs Korrespondenz vergleichend mit der seines Hamburger Korrespondenzpartners Joachim Jungius ausgewertet und auf seine Reichweite untersucht.
Das Projekte wurde unter der Leitung von Prof. Dr. Michael North von den Projektmitarbeitern PD Dr. Martin Krieger und Corina Heß, M.A. von November 2001 bis Dezember 2004 durchgeführt.