Abgeschlossene Projekte
Brasilien und Pommern - gestern und heute
In Sommersemester 2014 und im Wintersemester 2014/15 findet in Kooperation mit dem Pommerschen Landesmuseum Greifswald ein zweisemestriges Projekt statt. Dem aktuellen Anlass der in Brasilien stattfindenden Fußballweltmeisterschaft entsprechend beschäftigen sich die Studierenden mit der Verbindung der pommerschen und brasilianischen Geschichte. Im 19. Jahrhundert stellten Pommern die größte Gruppe der Einwanderer nach Brasilien dar und noch heute gibt es in Brasilien eine Tradition pommerscher Kultur. Das Pommersche Landesmuseum ist seit langer Zeit mit der Universität verbunden und äußerte nach der Kenntnis des derzeit laufenden Seminars einen Bedarf an Unterstützung in der Aufarbeitung dieses historischen Sachverhalts für eine gemeinsam mit Greifswalder Schülern konzipierte und umgesetzte kleine Ausstellung.
Im Sommersemester 2014 bieten Herr Dr. Jörg Driesner und Herr PD Dr. Robert Riemer daher ein Hauptseminar mit dem Titel „Brasilien und Pommern – gestern und heute“ an, in dem in verschiedenen Greifswalder Archiven und durch den bereits hergestellten Kontakt zu Nachkommen pommerscher Auswanderer deren Weg von Pommern nach Brasilien nachvollzogen und dokumentiert sowie deren Etablierung in der neuen Heimat erforscht werden. Die ersten Rechercheergebnisse sind bereits in die erwähnte, am 26. Juni 2014 im Pommerschen Landesmuseum eröffnete Ausstellung „Fußball und anderen Leiden-Schaften. Was Brasilianer und Deutsche noch heute verbindet“ eingeflossen. Dabei wird – passend zu früheren Aktivitäten des Lehrstuhls (Arado-Projekt) – wiederum projektförmig gearbeitet.
Im Wintersemester 2014/15 soll eine Aufbereitung der bisher gewonnenen Erkenntnisse erfolgen, die einerseits in benotete Prüfungsleistungen und andererseits das Erstellen eines didaktischen Angebots für den Geschichtsunterricht an Schulen mündet. Diese Aufgabenfelder beinhalten sowohl für Bachelor- als auch für Lehramtsstudierende Anknüpfungspunkte zur möglichen Berufspraxis und bieten somit reichhaltige Möglichkeiten der Professionalisierung. Darüber hinaus wird im Sinne des Konzepts des Service Learning ein Beitrag zur Aufarbeitung der regionalen Geschichte geleistet und das Engagement der Studierenden gefördert. Das Museum bietet ausgewählten Studierenden die Möglichkeit, ein finanziell gefördertes Praktikum in Brasilien zu absolvieren. All dies trägt zur Internationalisierung der Studierenden bei und wird ihre interkulturelle Kompetenz fördern.
News
Die Ausstellung „Fußball und andere Leiden-Schaften. Was Brasilianer und Deutsche noch heute verbindet“ wird im Pommerschen Landesmuseum vier Wochen zu sehen sein (26.06.-20.07.2014). Der Einführungstext des Saalplakates fasst die inhaltlichen und methodischen Vorstellungen des über das interStudies-Projekt der Universität Greifswald geförderten Vorhabens zusammen:
„Einige repräsentative Ergebnisse ihrer Recherchen stellten Studierende im Rahmen des Hauptseminars „Brasilien und Pommern – Gestern und Heute“ unter der Leitung von Herrn Dr. Jörg Driesner und Herrn PD Dr. Robert Riemer vom Historischen Institut zusammen. Die Lehrveranstaltung verfolgt den Ansatz des Service Learnings, bei dem Studierende im Rahmen von universitären Lehrveranstaltungen gesellschaftliches Engagement zeigen und kulturelle, ökologische oder soziale Bedarfe decken.
Die Studierenden betten die Ausstellung in den breiteren historischen Kontext ein und bieten ihre direkt aus historischen Quellen erworbenen Erkenntnisse zu Gründen und Wegen der Migration an. Sie konnten aus Akten des Landesarchivs und Universitätsarchivs, bei Zeitungsrecherchen und in Berichten Reisewege von Pommern nach Brasilien nachvollziehen und eine ambivalente Haltung zur Migration feststellen.
Im heutigen Umgang mit der Vergangenheit zeigt sich auf brasilianischer wie auf deutscher Seite ein Hang zu idealisierter Wahrnehmung. Die Relevanz von Auswanderung hat sich mit den marginalen Auswanderungszahlen in den letzten fünfzig Jahren verringert.“
Ausstellungstafeln
Tafel 1: Fußball und andere Leiden-Schaften
Tafel 2: Von Pommern nach Brasilien. Auswanderung im 19. und frühen 20. Jahrhundert (I)
Tafel 3: Von Pommern nach Brasilien. Auswanderung im 19. und frühen 20. Jahrhundert (II)
Tafel 4: "Sport verbindet?!"
Tafel 5: FussballGESCHICHTEn
Tafel 6: Sprache und Rassismus
Projektleiter:
Dr. Jörg Driesner
PD Dr. Robert Riemer
Koloniale Kindheit. Inkulturation und Sozialisation von Kindern und Jugendlichen im kolonialen Indien (17.-19. Jahrhundert)
Das Forschungsvorhaben untersucht europäische Kinder und Jugendliche als gesellschaftliche Gruppen in der kolonialen Welt der Frühen Neuzeit. Als Hauptziel soll dabei geklärt werden, in welchem Umfang die besondere koloniale Umwelt (Kulturkontakte, Diasporagesellschaft, Klima) zur Herausbildung einer eigenständigen kolonialen Kinder- und Jugendkultur in Übersee führte oder ob die koloniale Kinderwelt allein ein Spiegelbild der Strukturen im jeweiligen Mutterland darstellte.
Seit dem Beginn der Frühen Neuzeit etablierte sich auf dem indischen Subkontinent nicht allein ein stetig wachsender europäischer kolonialer Handel, sondern es bildeten sich mit der Präsenz europäischer Kaufleute spezifische Haushalts- und Familienstrukturen heraus. Während sich die
Anwesenheit europäischer Familien bis in die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts hinein – von wenigen Ausnahmen abgesehen – punktuelle auf die maritime Peripherie beschränkte, konstituierte sich mit der territorialen Expansion der britischen East India Company auch im Hinterland eine europäische Gesellschaft mit kommerziellen und sozialen Kontakten zur indigenen Bevölkerung. Die Kerngruppen dieser kolonialen Gesellschaft – also Kaufleute, koloniale Beamte und Soldaten – wurden in sozialhistorischer Hinsicht bereits systematisch erforscht; hingegen existieren zu den übrigen Gruppen (Frauen – darunter auch Witwen, Alte, Kinder und Jugendliche, Randgruppen wie Prostituierte, Kriminelle, Bankrotteure) kaum geschichtswissenschaftliche Untersuchungen. Dieses Forschungsdesiderat ist gerade bezüglich der Kinder und Jugendlichen um so gravierender, da sich parallel zur territorialen Expansion in Indien ein elementarer Wandel in Europa bei der Wahrnehmung von Kindheit und Jugend mit grundlegenden Reformen vollzog, wie er sich beispielsweise in den Schriften Rousseaus oder Campes äußerte. Somit ging die Herausbildung einer breiten kolonialen Gesellschaft in Indien mit gänzlich neuen Gesellschafts- und Wertvorstellungen in der Heimat einher. Obwohl im Vergleich zu Europa zahlenmäßig unterrepräsentiert und kaum von der zeitgenössischen Öffentlichkeit als eigenständige soziale Entität wahrgenommen, stellten Kinder und Jugendliche in der kolonialen Welt Asiens eine separate gesellschaftliche Gruppe mit spezifischen Problemen und Bedürfnissen dar. Neben den auch für Europa geltenden Normen, Anforderungen und Wahrnehmungsperspektiven seitens der Erwachsenenwelt sowie einer zeitgenössischen Klassifikation in unterschiedliche Lebensalter, lassen sich für europäische Gesellschaften in Übersee Besonderheiten ausmachen. Hierzu zählen demographische Disparität gerade in der Frühphase der europäischen Expansion in einer Diasporagesellschaft (geringe Kinderzahlen in einer weitgehend merkantil geprägten Welt), klimatische Besonderheiten (aus denen oftmals Krankheiten resultierten) sowie enge kulturelle Kontakte mit
den indigenen Gesellschaften. Mit dem indischen Subkontinent wird ein repräsentatives Beispiel gewählt, welches einerseits die zahlreichen Facetten kolonialer Niederlassungen und Vergesellschaftungsformen widerspiegelt (Handels- und Siedlungskolonie, Militärstützpunkt, Missionsstation,
Siedlungsenklave im indigenen Territorium; unterschiedliche europäische Handelsnationen), andererseits aber von den Quellen her überschaubar bleibt.
Das Projekte wurde unter der Leitung von Prof. Dr. Michael North und PD Dr. Martin Krieger von dem Projektmitarbeiter Dr. Jörg Driesner von 2006-2008 durchgeführt.
Projektbeschreibung "Koloniale Kindheit" als PDF-Download
Die Inszenierung des Todes in Übersee
Koloniale Sepulkralkultur in Indien (16.-19. Jahrhundert)
A. Drost, Tod und Erinnerung in der kolonialen Gesellschaft. Koloniale Sepulkralkultur in Bengalen (17.-19. Jahrhundert), Jena 2011.
Seit dem Zeitalter der europäischen Expansion begegnen sich im asiatischen Raum unterschiedliche Erinnerungskulturen europäischer und asiatischer Provenienz mit jeweils anders gearteten Erinnerungsmotiven und -symbolen. Die kolonialen Friedhöfe in Indien bieten mit ihrem reichen architektonischen Befund vor Ort sowie im Kontext der spezifischen schriftlichen Quellen ein Zeugnis europäisch-kolonialen Selbstverständnisses, welches sich zu einem wesentlichen Teil in der Inszenierung des Todes widerspiegelt; denn durch die deutlich geringere Lebenserwartung der Kaufleute und Missionare in Asien bildete der Tod einen noch unmittelbareren Bestandteil des Alltags als es schon in Europa der Fall war. Dabei unterlagen Sepulkralkultur und Jenseitserwartungen zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert einem langfristigen Wandel, der sowohl sozial- als auch kultur- und mentalitätsgeschichtliche Paradigmenverlagerungen aufzeigt.
Auf dem indischen Subkontinent befinden sich gegenwärtig noch zahlreiche europäische Friedhöfe, die allerdings auf Grund des tropischen Klimas sowie menschlichen Einwirkens zunehmend dem Verfall ausgesetzt sind. In dem Wissen um die allmähliche Zerstörung kolonialer Friedhöfe und das Fehlen einer sozial- oder kunstgeschichtlichen Forschung zu diesem Sujet soll mit diesem Forschungsprojekt ein Beitrag zur Ausdifferenzierung unterschiedlicher Erinnerungskulturen in Asien und Europa geleistet werden. Es soll ein Bild nachgezeichnet werden, das Einblicke in koloniale Identitäten und koloniales Selbstverständnis in Übersee im zeitlichen Wandel ermöglicht. Außerdem soll die Bearbeitung des Themas eine Sensibilisierung der Öffentlichkeit in Indien und im europäischen Raum für die Erhaltung dieses kulturellen indo-europäischen Erbes bewirken.
Das Projekte wurde unter der Leitung von Prof. Dr. Michael North von den Projektmitarbeitern PD Dr. Martin Krieger und Alexander Drost, M.A. durchgeführt.
"European Network for Baroque Cultural Heritage" (ENBaCH)
The project concerns and involves a network of eight Universities located in 6 different European countries: Universitat de Barcelona, Technische Universität Dresden, Universität Greifswald, Ecole des Hautes Etudes en Sciences Sociales - Paris, La Sapienza Università di Roma, Università di Teramo, Uniwersytet Warszawski, Medizinische Universität Wien. After the 5 year period of support provided by the Culture program, ENBaCH aims at achieving permanent status and financial independence.
Greifswald Research group (from left to right) Dr. Robert Riemer, Matthias Müller, Kristof Lintz, Prof. Michael North, Jörn Sander, Jens
Die Integration des südlichen Ostseeraums in das Alte Reich 1555-1806
Auf Initiative des Lehrstuhls für Allgemeine Geschichte der Neuzeit an der Universität Greifswald (Prof. Michael North, Dr. Martin Krieger, Dr. Nils Jörn, Tobias Freitag M.A.), in Verbindung mit dem Institut für Europäische Kulturgeschichte der Universität Augsburg (Prof. Wolfgang E. J. Weber) und dem Lehrstuhl für die Geschichte der Frühen Neuzeit an der Universität Kiel (Prof. Olaf Mörke) untersuchten die beteiligten Historiker, ob es überhaupt eine Integration des südlichen Ostseeraumes in die Strukturen des Alten Reiches gab, wann sie einsetzte, auf welche Weise sie umgesetzt wurde und wie fest der untersuchte Raum in den Strukturen des Alten Reiches verankert war.
In dem von der Volkswagen-Stiftung geförderten Projekt wurden zunächst Kriterien entwickelt, mit deren Hilfe Integration/Desintegration messbar waren. Davon ausgehend, dass Integration 1. durch die Zentralisation von Entscheidungen und damit durch eine Verlagerung von Entscheidungen von einer territorialen auf eine gesamtstaatliche Ebene, 2. durch die Zunahme politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Verflechtungen, 3. durch die Ausbildung gemeinsamer Strukturen, Institutionen und Werte gekennzeichnet ist, wurden Gebiete gesucht, in denen diese Formen der Integration nachweisbar sind. Deren Auswahl umfasste schließlich die Nutzung der höchsten Reichsgerichte, die Teilnahme an den Reichstagen, die Zahlung von Reichssteuern, die Präsentation von qualifizierten Juristen an die höchsten Reichsgerichte, die Wahrnehmung und Verteidigung der nördlichen Reichsgrenzen sowie der Beitrag zur Reichspublizistik bzw. das Gewicht, das norddeutsche Fragen in der Reichspublizistik einnahmen, die als wichtige Kriterien für die Integration des südlichen Ostseeraumes in das Alte Reich erkannt und von den einzelnen Mitarbeitern schwerpunktmäßig bearbeitet wurden. Ein zentrales Anliegen des Projekts war die Untersuchung der Frage, inwieweit die Bewohner des südlichen Ostseeraumes die höchsten Reichsgerichte, Reichskammergericht und Reichshofrat, in Anspruch genommen haben.
Das Projekt wurde unter der Leitung von Prof. North von Dr. Jörn als Projektmitarbeiter von November 1996 bis März 1999 durchgeführt.
Projektbeschreibung "Die Integration des südlichen Ostseeraumes" als PDF-Download
Das Wismarer Tribunal
Politische Wirksamkeit und personelle Strukturen des Oberappellationsgerichtes in den schwedischen Reichsterritorien 1653-1815
„Das Wismarer Tribunal. Politische Wirksamkeit und personelle Strukturen des Oberappellationsgerichtes in den schwedischen Reichsterritorien 1653-1815" ist das Thema eines mit Unterstützung der Fritz Thyssen
Stiftung begonnenen Projekts von Professor Dr. Michael North, Historisches Institut der UniversitätGreifswald. Das Projekt schließt sich inhaltlich an das im März 1999 ausgelaufene Projekt der VW-Stiftung „Die Integration des südlichen Ostseeraumes in das Alte Reich“ an. Untersucht werden soll das politischrechtliche Wirken des Wismarer Tribunals als Schiedsstelle zwischen dem schwedischen König und den Landständen der deutschen Territorien und die damit zusammenhängende Personalpolitik in der Zeit zwischen dem Westfälischen Frieden und der Neuordnung Deutschlands durch den Wiener Kongress. Nach dem Dreißigjährigen Krieg fielen die Herzogtümer Bremen, Verden und Vorpommern, das Fürstentum Rügen und die Herrschaft Wismar an Schweden. Der schwedische Herrscher erhielt das privilegium de non appellando, das den Untertanen der Territorien den Weg an die obersten deutschen Reichsgerichte praktisch verwehrte; er wurde allerdings zur Einrichtung eines Oberappellationsgerichtes, des sog. Wismarer Tribunals, verpflichtet, dessen Richter gemeinsam von ihm und den Landständen der beherrschten deutschen Territorien bestellt werden sollten. Obwohl sich das Wismarer Tribunal in seiner Struktur und bei der Besetzung der Richterstellen am Reichskammergericht zu
orientieren hatte, konnte es sich erst allmählich gegenüber dem Organisationsprinzip des Stockholmer Hofgerichts und dessen Personalpolitik emanzipieren. Das Forschungsvorhaben soll die Fälle mit politischer Brisanz in den Blick nehmen und einzelne Aspekte dieser Prozessgruppe auswählen und analysieren. Die Konzentration liegt dabei vorrangig auf Fragen der Steuererhebung, der Belastung mit Sonderabgaben in Kriegszeiten sowie der Eingriffe in die Privilegien der Landstände. Es ist vorgesehen, auf diesen drei Politikfeldern ausgewählte Konflikte von ihrer Genese bis zur endgültigen Lösung darzustellen und miteinander zu vergleichen, um Aufschlüsse über die schwedische Herrschaft in den einzelnen Reichsterritorien zu erhalten. Eine weitere Aufgabe des Projekts ist die prosopographische, soziale und institutionell-funktionelle Erforschung des Gerichtspersonals.
Das Projekte wurde unter der Leitung von Prof. Dr. Michael North von dem Projektmitarbeiter PD Dr. Nils Jörn von Juni 1999 bis Mai 2001 durchgeführt.
Projektbeschreibung "Das Wismarer Tribunal" als PDF-Download
The Material Basis of Disciplinarity (MBD)
nnerhalb des internationalen Forschungsnetzwerkes „The Material Basis of Disciplinarity“ (MBD) werden in verschiedenen Einzelprojekten die vielfältigen historischen, gegenwärtigen und zukünftigen Beziehungen zwischen Universitätssammlungen und der Lehre bzw. der Forschung untersucht. Universitätssammlungen dienen zum Einen den Kernaufgaben einer Universität, der Forschung und der Lehre, bewahren aber zum Anderen auch das institutionelle Gedächtnis, sind Kommunikationsmedium mit der Öffentlichkeit in Form der musealen Präsentation und stellen ebenso einen ökonomischen Faktor dar.
Im MBD-Projekt erforschen die verschiedenen Arbeitsgruppen der weltweit partizipierenden Wissenschaftler die Rolle und Wirkung von universitären Sammlungen auf die Formierung, Entwicklung und Praxis von und in akademischen Disziplinen. Dabei spielen neben den Kernfragen nach disziplinärer Abgrenzung und Herausbildung eines spezifischen Codes in der jeweiligen Disziplin auch räumliche Fragen der Organisation von Sammlungen sowie deren zukünftige Nutzung im digitalen Zeitalter eine Rolle.
Derzeit sind am wachsenden Netzwerk die Universitäten Santa Barbara (Initiator/Leitung), Berkeley, Johns Hopkins in Baltimore, Leiden, Oslo, Humboldt in Berlin, Teesside, Case Western in Cleveland, Washington, Aberdeen und Greifswald beteiligt.
Umstrittene Zentren: Konstruktion und Wandel sozio-kultureller Identitäten in der indischen Region Orissa
Missionare in Indien – Feldstudien bei den Adivasi in den Bergen von Jeypore
Eine Region, in der sich wie hier Kulturen, Sprachen, Religionen begegnen, ist der indische Bundesstaat Orissa am Golf von Bengalen. Orissa bildet seit Jahrtausenden mit seinen undurchdringlichen Bergwäldern ein natürliches Hindernis zwischen den indo-europäischen Kulturen des Nordens und der dravidischen Sprachfamilie des Südens. Dieser schwierige Zugang bewirkte, daß sich hier bis heute bei den Adivasi, den indigenen Stämmen, Traditionen erhielten, die anderswo längst verschwunden sind und durch Kollisionen mit dem vorherrschenden Hinduismus und dem Christentum in Indien immer wieder für Schlagzeilen sorgen. Ein Dualismus zwischen Machtzentren hinduistischer Kultur an der Küste und tribalen Rückzugsgebieten in den Bergen macht Orissa zu einem dankbaren Forschungsprojekt über Fremdwahrnehmung, Integration und kultureller Abgrenzung.
Das hinduistische Zentrum gilt seit den 1970er Jahren als gut erforscht; die tribale Kultur liegt noch sehr im Dunkeln. Dem widmet sich seit 1999 das DFG-Schwerpunktprogramm „Umstrittene Zentren: Konstruktion und Wandel sozio-kultureller Identitäten in der indischen Region Orissa“ unter Leitung des ausgewiesenen Orissa- Kenners Prof. Dr. Hermánn Kulke (Universität Kiel). Wir vom Lehrstuhl für Allgemeine Geschichte der Neuzeit sind mit einem Teilprojekt beteiligt, den umweltgeschichtlichen und kulturellen Wandel im ehemaligen Fürstentum Jeypore in Südorissa zu erforschen. Es beheimatet zahlreiche tribale Ethnien, die sich teilweise jeglicher Hinduisierung oder Christianisierung widersetzen konnten. oberes Foto: Unser scheinbar magischer Begriff „Ostseeraumbezug“ bedarf eines Persepktivenwechsel: das Huhn im Dorf der Adivasi könnte aus Pommern stammen, die glühende Sonne sicher nicht“ unteres Foto: Noch zu zarte Kinderhände für die hölzernen Pflüge, die an einer Lehmhütte lehnen.
Wir untersuchten quellenhistorisch die tribale Bevölkerung anhand der Dokumente der seit den 1880er Jahren in Orissa wirkenden schleswig-holsteinischen Missionare aus Breklum und verglichen die Ergebnisse in Feldstudien.
Projektbeschreibung "Umstrittene Zentren" als PDF-Download
Hamburg und Frankfurt vor dem Reichskammergericht
Zwei Handelszentren im Vergleich
Das Ziel des Projekts war es, Hamburg und Frankfurt in verschiedenen allgemeinen Fragen und besonders in Handelssachen anhand der überlieferten Prozesse vor dem Reichskammergericht unter Zuhilfenahme statistischer Methoden und der inhaltlichen Analyse der Prozessakten zu vergleichen. Dabei wurden weitgehende Gemeinsamkeiten Hamburgs und Frankfurts bei der Akzeptanz des Reichskammergerichts, den Prozesslängen und dem sozialen Status der Kläger festgestellt, während sichtbare Unterschiede bei den Prozessgegenständen und der geographischen Entfernung der Prozessparteien zu Tage traten, die mit der differierenden Lage beider Städte (Hamburg als Hafenstadt, Frankfurt als Messestadt mit einem größeren Einzugsgebiet) erklärt werden konnten.
Die meisten Prozesse sowohl in Hamburg als auch in Frankfurt konnten den Kategorien Geldwirtschaft, Handel und Gewerbe sowie Familienverband zugeordnet werden, wobei sich auch die letztgenannte Kategorie häufig mit Geld- oder Gewerbefragen im Zuge von Familienverträgen und Erbschaftsregelungen beschäftigte. Die umfangreiche Kategorie Geldwirtschaft faßte vor allem Prozesse um allgemeine Schuldforderungen aus Schuldscheinen, Wechseln (in Frankfurt besonders während der Messe) und Darlehen, aber auch aus der Nichteinhaltung von Bürgschaften zusammen, während die Handel- und Gewerbesachen Prozesse um Fragen der Handels- und Gewerbefreiheit, das Zunftwesen und die Forderungen von Handelsgesellschaften und deren Sicherung bündelten. In diesem Zusammenhang konnten weitere Unterschiede zwischen Hamburg und Frankfurt deutlich gemacht werden: Während nur in Hamburg, bedingt durch die Lage an der See, Fragen der Versicherung von Schiffsladungen in Prozessen behandelt werden müssen, fällt in Frankfurt besonders im 18. Jahrhundert eine „laissez faire“-Haltung der Stadt gegenüber den traditionellen Rechten der Zünfte auf (bedingt durch eine gegen die Protektion von Zünften gerichtete städtische Politik), die eine Reihe von Prozessen nach sich zieht, in welchen die Stadt oftmals als Nebenbeklagter geführt wird.
Fest steht, dass mit dem Reichskammergericht eine Institution zur Verfügung stand, die von Kaufleuten beider Vergleichsstädte zur Verfolgung ihrer Interessen genutzt wurde und die durch das Bereitstellen einer Appellationsinstanz, über die städtischen Gerichte hinaus, für Rechtssicherheit im Handelsverkehr sorgte – obwohl dem Reichskammergericht die Mittel zur direkten Durchsetzung seiner Anordnungen und Urteile fehlten und deshalb die Heimatstädte der im Prozess unterlegen Partei gelegentlich um Mithilfe bei der Vollstreckung gebeten werden mußten.
Das Projekte wurde unter der Leitung von Prof. Dr. Michael North von dem Projektmitarbeiter Robert Riemer, M.A. von Juli 2002 bis Juni 2004 durchgeführt.
Kunstsammeln und Geschmack im 18. Jahrhundert
Das Projekt schuf Grundlagen für die in der deutschen historischen Forschung bis dato wenig beachtete Geschichte des Kunsthandels und -sammelns. Gefragt wurde nach den Charakteristika des Kunstsammelns. Welche Sujets und welche Künstler setzten die Geschmackstandards, und wer wirkte geschmacksbildend? Die jüngsten Forschungen in den Niederlanden, Frankreich und Großbritannien boten Perspektiven und Voraussetzungen einer systematischen Auswertung der Auktionskataloge als Quellenmaterial. Vor diesem Hintergrund wurden in einem zweiten Schritt für die Städte Köln, Frankfurt, Hamburg, Leipzig und Berlin das zur Verfügung stehende Quellenmaterial und erste Auswertungsergebnisse vorgestellt. Das Projekt wurde durch die Gerda-Henkel-Stiftung, Düsseldorf, gefördert. Finanziell und organisatorisch wurde das Forschungsprojekt vom Forschungszentrum Europäische Aufklärung, Potsdam unterstützt. Die Ergebnisse des Projekts wurden auf der Tagung „Kunstsammeln und bürgerlicher Geschmack im 18. Jahrhundert“ vorgestellt und sind in dem von Michael North in der Schriftenreihe des Forschungszentrums Europäische Aufklärung (Aufklärung und Europa, Bd. 8) herausgegebenen Band „Kunstsammeln und Geschmack im 18. Jahrhundert“ gesammelt.
Europäerinnen an der Koromandelküste
Eine Sozial- und Kulturgeschichte der Geschlechterbeziehungen in kolonialen Gesellschaften (17.-19. Jahrhundert)
Seit den vergangenen Jahren rückt die Geschichte der Frau immer stärker in den Mit-telpunkt des Interesses. Geschlechterstudien („Gender Studies“) stellen die Rolle der Frau in einen breiteren sozial- und kulturgeschichtlichen Kontext. Gibt es für Europa mittlerweile umfangreiche Untersuchungen vom Mittelalter bis zur Neuesten Zeit, die die Bedeutung der Frau und ihre Stellung innerhalb der Gesellschaft beleuchten, feh-len einschlägige Studien zu den kolonialen Lebenswelten Asiens fast völlig. Arbeiten über die Stellung der Europäerin auf dem indischen Subkontinent setzen in der Regel erst mit dem Zeitalter des Imperialismus ein. Dennoch stellen gerade das 17. und 18. Jahrhundert einen bedeutsamen, formativen Zeitraum dar, in dem nicht nur europäi-sche Machtkonflikte und Handelsinteressen, sondern auch gesellschaftliche und kul-turelle Strukturen nach Übersee transferiert wurden. Diese waren für die Bildung ei-ner kolonialen Gesellschaft ausschlaggebend, an der Frauen im zunehmenden Maße partizipierten.
Das Ziel des großzügig von der Gerda Henkel Stiftung geförderten Projektes „Eu-ropäerinnen an der Koromandelküste“ ist es, sich am konkreten Beispiel einer indi-schen Region der Untersuchung von Geschlechterbeziehungen und Familienstruktu-ren kolonialer Haushalte zwischen 17. und 19. Jahrhundert zu widmen. Da die Koro-mandelküste wie auch die übrigen Küsten des Subkontinents von einem Nebeneinan-der verschiedener europäischer Handelsgesellschaften gekennzeichnet war, wird eine vergleichende Perspektive gewählt. Konkret wird nach der Situation der Frau im ge-sellschaftlichen, ökonomischen, juristischen und konfessionellen Zusammenhang ge-fragt. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei spezifischen Entwicklungstendenzen, die sich beispielsweise durch unterschiedliche Konfessionen in britischen, niederländi-schen, dänischen, portugiesischen und französischen Handelsplätzen, durch die briti-sche territoriale Expansion oder die Französische Revolution ergaben.
Im einzelnen fragt dieses Projekt nach:
• demographischen Strukturen,
• Heiratsalter und Familienstrukturen,
• der Rolle der Frau im Haushalt und Besitzverhältnissen innerhalb der Familie,
• dem Anteil der Frau im beruflichen Leben der kolonialen Gesellschaft, insbe-sondere auch nach den Aufgaben und der Stellung von Missionarinnen,
• weiblicher Kulturförderung und Mäzenatentum,
• der rechtlichen, vor allem erbrechtlichen, Position der Frau,
• Kriminalität und sozialen Problemen,
• obrigkeitlichen Regelmechanismen,
• der zeitgenössischen Wahrnehmung der multikonfessionellen weiblichen euro-päischen Gesellschaft in Indien.
Das Projekte wurde unter der Leitung von Prof. Dr. Martin Krieger von der Projektmitarbeitererin Yvonne Schmidt, M.A. von 2005 bis 2007 durchgeführt.
Projektbeschreibung „Europäerinnen an der Koromandelküste" als PDF-Download
Connected by Art
Zeitgenössische Kunst aus dem Ostseeraum (Contemporary Art from the Baltic Region)
Ausstellung im Staatlichen Museum Schwerin
Tipp
The catalog "Connected by Art" (Staatliches Museum Schwerin) with contributions by Alexander Drost and Michael North.
Pommern und die Welt
Ein InterStudies-Projekt zur Verbesserung der Lehre
In diesem Seminar werden Studierende aktiv an der Erforschung der Geschichte der historischen Region Pommern in Spätmittelalter, Früher Neuzeit und Neuerer Zeit arbeiten. Das Ziel des Seminars ist es, digitale Tools für das Geschichtsunterricht in Realschulen und Gymnasien zu entwickeln. Dies soll in Zusammenarbeit mit der Bibliothek und den historischen Archiven und Sammlungen in der historischen Region Pommern stattfinden. Eine Exkursion wird in das Archiv in Greifswald und zwei in das Archiv in Stralsund führen. Studierende sollen während des Semesters ein Quellen-Korpus erstellen, die Quellen einordnen (Quellenkritik), Quellenauszüge erstellen und die Quellen in englischer Sprache zusammenfassen. Das Quellenkorpus soll digital veröffentlich werden, so dass die Quellen im Unterricht in Realschulen und Gymnasien verwendet werden können. Schließlich sollen ausgewählte Beispiele an Schulen der Region vermittelt werden. Dieses Seminar zur Verbesserung der Lehre wird von InterStudies gefördert.
Glossar zur Quellensammlung
Kooperationsverbund „Land und Meer: Kommunikation und Integration im Ostseeraum“
Der Greifswalder Kooperationsverbund „Land und Meer“, gefördert vom Land Mecklenburg-Vorpommern, widmet sich den vielfältigen politischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Beziehungen, die den Ostseeraum als Sinneinheit erfahrbar machen. Als Parameter der interdisziplinären Arbeit dienen die Begriffe „Kommunikation“ und „Integration“, welche gesellschaftliche Interaktionsformen beschreiben, die den Untersuchungsraum erst als historisch gewachsene Entität konstituieren; dabei geht es einerseits um die Binnenstrukturen des Ostseeraumes mit seinem weiten Hinterland, andererseits aber auch um Interdependenz und Transformationsprozesse mit anderen Regionen, vor allem mit Nordwesteuropa.
Konkret kooperieren die Disziplinen Philosophie (Prof. Dr. Werner Stegmaier), Psychologie (Prof. Dr. Manfred Bornewasser, Prof. Dr. Alfons Hamm) und Geschichtswissenschaften (Prof. Dr. Michael North) miteinander, die eine umfassende Kulturwissenschaft als übergeordneten Rahmen betrachten. Die Forschungsvorhaben im Bereich Geschichtswissenschaft unterteilen sich in mehrere Teilprojekte, die unter Leitung von Prof. Dr. Michael North, Prof. Dr. Christian Lübke und Prof. Dr. Thomas Stamm-Kuhlmann und Prof. Dr. Heinz-Peter Schmiedebach stehen. Das Projekt „Küste-Hinterland: ökonomische und kulturelle Verflechtungen“ – Leiter Prof. Dr. Michael North - besteht aus zwei Teilen (Subproject 1 „Transfer and Reception of Art and Artistic Ideas into the Ports and the Hinterlands of the Baltic Sea” and Subproject 2 „Culture Currents and Intellectual Networks between the Baltic Area and England”). Zum einen widmet es sich dem Kulturtransfer von Westeuropa über die Ostsee (insbesondere aus den Niederlanden) in die Häfen Polens und von den Häfen über die Flüsse in das polnische Hinterland. Zentrale Fragen dabei sind, ob Waren- und Kulturströme parallel liefen oder vielleicht gegenläufig, in welchem Maße Kunst und künstlerische Ideen in den Sammlungen
Danziger Bürger und polnischer Adliger rezipiert wurden und welche Rolle Danzig als Vermittler in diesem Kulturtransfer spielte. Von besonderem Interesse ist dabei, wie die für die Niederlande im 17. und in Mitteleuropa im 18. Jahrhundert rekonstruierte „Säkularisierung des Geschmacks“ (d. h., die Ersetzung von religiösen Historien durch Genre- und Landschaftsmalerei) auch die polnische Adelsrepublik erfasste. Mögliche Quellen für diese Fragestellungen sind die Kaufmannskorrespondenz, Nachlassinventare, Sammlungs- und Auktionskataloge. Zum anderen befasst sich das Projekt mit der Kommunikation und den intellektuellen Netzwerken zwischen dem Ostseeraum (insbesondere dem Elbinger Kaufleutemilieu) und England. Im Zentrum stehen drei Persönlichkeiten: Jan Amos Comenius, John Dury und Samuel Hartlib. Letzterer ist besonders interessant, da er als Sohn eines deutschen Kaufmanns und der Tochter des Vorstehers der Eastland-Company große Bedeutung in England gewinnen sollte. Vor allem seine Korrespondenz, ist von besonderer Relevanz, um die intellektuellen Netzwerke, die sich auf verschiedenen Ebenen erstreckten, rekonstruieren zu können. Im Projekt wird Samuel Hartlibs Korrespondenz vergleichend mit der seines Hamburger Korrespondenzpartners Joachim Jungius ausgewertet und auf seine Reichweite untersucht.
Das Projekte wurde unter der Leitung von Prof. Dr. Michael North von den Projektmitarbeitern PD Dr. Martin Krieger und Corina Heß, M.A. von November 2001 bis Dezember 2004 durchgeführt.
Asien und Europa
Kulturkontakte und kulturelle Transformationsprozesse zwischen Mittelalter und Gegenwart
RK 619: Kontaktzone Mare Balticum: Fremdheit und Integration im Ostseeraum
Asien und Europa
Das Projekt „Asien und Europa. Kulturkontakte und kulturelle Transformationsprozesse zwischen Mittelalter und Gegenwart“ soll den wissenschaftlichen Rahmen für ein umfassenderes interdisziplinäres und internationales Forschungsprojekt bereiten, welches sich nach Möglichkeit als künftiges DFG-Schwerpunktprogramm mit der Rezeption Asiens in Europa beschäftigen wird. Damit kann gleichzeitig ein wertvoller Beitrag zum interkulturellen Verständnis auch in der Gegenwart geleistet werden. Im Zentrum des Projektes werden Kulturkontakte zwischen einzelnen Großregionen Asiens und Europas zwischen 1200 und 2000 untersucht.
Den räumlichen Schwerpunkt bilden dabei der arabische Raum, Süd- und Südostasien. Kulturtransfer wird dabei als reziproker Prozeß und nicht als bloße europäische Überformung indigener, asiatischer Kulturen verstanden. Vor allem der Wandel von Identitäten, Fremdbildern und kulturellen Transformationsprozessen stehen im Mittelpunkt der Untersuchungen. Die Projektmittel wurden im Jahre 2003 vor allem zum Aufbau eines
Forschungsnetzwerkes zum Thema „Materieller Kulturtransfer und kulturelle Märkte“ genutzt und dabei vor allem der ostasiatische Raum stärker in den Blick genommen.
Das Projekte wurde unter der Leitung von Prof. Dr. Michael North von dem Projektmitarbeiter PD Dr. Martin Krieger von August 2002 bis Dezember 2004 durchgeführt.
Projektbeschreibung "Asien und Europa" als PDF-Download
RK 619: Kontaktzone Mare Balticum: Fremdheit und Integration im Ostseeraum
DFG-Förderung von 2000 bis 2009
Der Ostseeraum - die Region des Mare Balticum - ist und war in Gegenwart und Geschichte stets eine Zone fruchtbarer Austauschbeziehungen, deren Intensität allerdings häufig auch unter Kriegen und politisch bestimmten Abgrenzungen litt. Die hier offenbar werdende Spannung zwischen staatlicher Divergenz und kultureller sowie gesellschaftlicher Integration zieht sich seit dem frühen Mittelalter durch alle historischen Epochen und eröffnet ein breites Themenspektrum für das Graduiertenkolleg. Alle Themen werden durch bestimmte Leitfragen miteinander verbunden: Wie werden Fremde und fremde Kulturen wahrgenommen und rezipiert? In welcher Form und in welchem Maße trägt die Auseinandersetzung mit dem Fremden zur Identitätsbildung, zur Transformation der eigenen Kultur und zur Integration bei?
The Reception of Netherlandish Art in the Indian Ocean Region and East Asia
Markets and Value
The Baltic Sea and South China Sea Regions
Die Inszenierung des Todes in Übersee
Koloniale Sepulkralkultur in Indien (16.-19. Jahrhundert)
A. Drost, Tod und Erinnerung in der kolonialen Gesellschaft. Koloniale Sepulkralkultur in Bengalen (17.-19. Jahrhundert), Jena 2011.
Seit dem Zeitalter der europäischen Expansion begegnen sich im asiatischen Raum unterschiedliche Erinnerungskulturen europäischer und asiatischer Provenienz mit jeweils anders gearteten Erinnerungsmotiven und -symbolen. Die kolonialen Friedhöfe in Indien bieten mit ihrem reichen architektonischen Befund vor Ort sowie im Kontext der spezifischen schriftlichen Quellen ein Zeugnis europäisch-kolonialen Selbstverständnisses, welches sich zu einem wesentlichen Teil in der Inszenierung des Todes widerspiegelt; denn durch die deutlich geringere Lebenserwartung der Kaufleute und Missionare in Asien bildete der Tod einen noch unmittelbareren Bestandteil des Alltags als es schon in Europa der Fall war. Dabei unterlagen Sepulkralkultur und Jenseitserwartungen zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert einem langfristigen Wandel, der sowohl sozial- als auch kultur- und mentalitätsgeschichtliche Paradigmenverlagerungen aufzeigt.
Auf dem indischen Subkontinent befinden sich gegenwärtig noch zahlreiche europäische Friedhöfe, die allerdings auf Grund des tropischen Klimas sowie menschlichen Einwirkens zunehmend dem Verfall ausgesetzt sind. In dem Wissen um die allmähliche Zerstörung kolonialer Friedhöfe und das Fehlen einer sozial- oder kunstgeschichtlichen Forschung zu diesem Sujet soll mit diesem Forschungsprojekt ein Beitrag zur Ausdifferenzierung unterschiedlicher Erinnerungskulturen in Asien und Europa geleistet werden. Es soll ein Bild nachgezeichnet werden, das Einblicke in koloniale Identitäten und koloniales Selbstverständnis in Übersee im zeitlichen Wandel ermöglicht. Außerdem soll die Bearbeitung des Themas eine Sensibilisierung der Öffentlichkeit in Indien und im europäischen Raum für die Erhaltung dieses kulturellen indo-europäischen Erbes bewirken.
Das Projekte wurde unter der Leitung von Prof. Dr. Michael North von den Projektmitarbeitern PD Dr. Martin Krieger und Alexander Drost, M.A. durchgeführt.
Koloniale Kindheit. Inkulturation und Sozialisation von Kindern und Jugendlichen im kolonialen Indien (17.-19. Jahrhundert)
Das Forschungsvorhaben untersucht europäische Kinder und Jugendliche als gesellschaftliche Gruppen in der kolonialen Welt der Frühen Neuzeit. Als Hauptziel soll dabei geklärt werden, in welchem Umfang die besondere koloniale Umwelt (Kulturkontakte, Diasporagesellschaft, Klima) zur Herausbildung einer eigenständigen kolonialen Kinder- und Jugendkultur in Übersee führte oder ob die koloniale Kinderwelt allein ein Spiegelbild der Strukturen im jeweiligen Mutterland darstellte.
Seit dem Beginn der Frühen Neuzeit etablierte sich auf dem indischen Subkontinent nicht allein ein stetig wachsender europäischer kolonialer Handel, sondern es bildeten sich mit der Präsenz europäischer Kaufleute spezifische Haushalts- und Familienstrukturen heraus. Während sich die
Anwesenheit europäischer Familien bis in die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts hinein – von wenigen Ausnahmen abgesehen – punktuelle auf die maritime Peripherie beschränkte, konstituierte sich mit der territorialen Expansion der britischen East India Company auch im Hinterland eine europäische Gesellschaft mit kommerziellen und sozialen Kontakten zur indigenen Bevölkerung. Die Kerngruppen dieser kolonialen Gesellschaft – also Kaufleute, koloniale Beamte und Soldaten – wurden in sozialhistorischer Hinsicht bereits systematisch erforscht; hingegen existieren zu den übrigen Gruppen (Frauen – darunter auch Witwen, Alte, Kinder und Jugendliche, Randgruppen wie Prostituierte, Kriminelle, Bankrotteure) kaum geschichtswissenschaftliche Untersuchungen. Dieses Forschungsdesiderat ist gerade bezüglich der Kinder und Jugendlichen um so gravierender, da sich parallel zur territorialen Expansion in Indien ein elementarer Wandel in Europa bei der Wahrnehmung von Kindheit und Jugend mit grundlegenden Reformen vollzog, wie er sich beispielsweise in den Schriften Rousseaus oder Campes äußerte. Somit ging die Herausbildung einer breiten kolonialen Gesellschaft in Indien mit gänzlich neuen Gesellschafts- und Wertvorstellungen in der Heimat einher. Obwohl im Vergleich zu Europa zahlenmäßig unterrepräsentiert und kaum von der zeitgenössischen Öffentlichkeit als eigenständige soziale Entität wahrgenommen, stellten Kinder und Jugendliche in der kolonialen Welt Asiens eine separate gesellschaftliche Gruppe mit spezifischen Problemen und Bedürfnissen dar. Neben den auch für Europa geltenden Normen, Anforderungen und Wahrnehmungsperspektiven seitens der Erwachsenenwelt sowie einer zeitgenössischen Klassifikation in unterschiedliche Lebensalter, lassen sich für europäische Gesellschaften in Übersee Besonderheiten ausmachen. Hierzu zählen demographische Disparität gerade in der Frühphase der europäischen Expansion in einer Diasporagesellschaft (geringe Kinderzahlen in einer weitgehend merkantil geprägten Welt), klimatische Besonderheiten (aus denen oftmals Krankheiten resultierten) sowie enge kulturelle Kontakte mit den indigenen Gesellschaften. Mit dem indischen Subkontinent wird ein repräsentatives Beispiel gewählt, welches einerseits die zahlreichen Facetten kolonialer Niederlassungen und Vergesellschaftungsformen widerspiegelt (Handels- und Siedlungskolonie, Militärstützpunkt, Missionsstation,
Siedlungsenklave im indigenen Territorium; unterschiedliche europäische Handelsnationen), andererseits aber von den Quellen her überschaubar bleibt.
Das Projekte wurde unter der Leitung von Prof. Dr. Michael North und PD Dr. Martin Krieger von dem Projektmitarbeiter Dr. Jörg Driesner von 2006-2008 durchgeführt.
Projektbeschreibung "Koloniale Kindheit" als PDF-Download
"European Network for Baroque Cultural Heritage" (ENBaCH)
Die Integration des südlichen Ostseeraums in das Alte Reich 1555-1806
Das Wismarer Tribunal
The Material Basis of Disciplinarity (MBD)
Umstrittene Zentren: Konstruktion und Wandel sozio-kultureller Identitäten in der indischen Region Orissa
Hamburg und Frankfurt vor dem Reichskammergericht
Kunstsammeln und Geschmack im 18. Jahrhundert
Europäerinnen an der Koromandelküste
Connected by Art
Pommern und die Welt
Glossar zur Quellensammlung
Kooperationsverbund „Land und Meer: Kommunikation und Integration im Ostseeraum“
Asien und Europa
Kulturkontakte und kulturelle Transformationsprozesse zwischen Mittelalter und Gegenwart
Das Projekt „Asien und Europa. Kulturkontakte und kulturelle Transformationsprozesse zwischen Mittelalter und Gegenwart“ soll den wissenschaftlichen Rahmen für ein umfassenderes interdisziplinäres und internationales Forschungsprojekt bereiten, welches sich nach Möglichkeit als künftiges DFG-Schwerpunktprogramm mit der Rezeption Asiens in Europa beschäftigen wird. Damit kann gleichzeitig ein wertvoller Beitrag zum interkulturellen Verständnis auch in der Gegenwart geleistet werden. Im Zentrum des Projektes werden Kulturkontakte zwischen einzelnen Großregionen Asiens und Europas zwischen 1200 und 2000 untersucht.
Den räumlichen Schwerpunkt bilden dabei der arabische Raum, Süd- und Südostasien. Kulturtransfer wird dabei als reziproker Prozeß und nicht als bloße europäische Überformung indigener, asiatischer Kulturen verstanden. Vor allem der Wandel von Identitäten, Fremdbildern und kulturellen Transformationsprozessen stehen im Mittelpunkt der Untersuchungen. Die Projektmittel wurden im Jahre 2003 vor allem zum Aufbau eines
Forschungsnetzwerkes zum Thema „Materieller Kulturtransfer und kulturelle Märkte“ genutzt und dabei vor allem der ostasiatische Raum stärker in den Blick genommen.
Das Projekte wurde unter der Leitung von Prof. Dr. Michael North von dem Projektmitarbeiter PD Dr. Martin Krieger von August 2002 bis Dezember 2004 durchgeführt.
Projektbeschreibung "Asien und Europa" als PDF-Download
GRK 619: Kontaktzone Mare Balticum: Fremdheit und Integration im Ostseeraum
Brasilien und Pommern - gestern und heute
Die Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse anhand des Beispiels der Arado-Siedlung in Anklam
Um den Referenzrahmen zu erweitern und damit auch innovative Konzepte und Forschungsfragen anderer wichtiger Weltregionen einfließen zu lassen, initiierten Prof. North und seine Mitarbeiter wichtige Forschungsprojekte, die vergleichend insbesondere asiatische Seeregionen und integrative Netzwerke in den Blick nahmen. Neben der Untersuchung kultureller Transferprozesse am Beispiel von Kunst, Traditionen, Technik und Ideen in der Frühen Neuzeit beschäftigen sich die neuesten Untersuchungen insbesondere mit der Wirkung dieses Erbes seit dem 16. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Hierdurch wird die Rolle der Erinnerungskulturen bei der Gestaltung von Räumen in den Blick genommen – ein Umstand der sowohl für den Ostseeraum als auch für Südostasien eine besondere Rolle spielt. Mit der Erforschung von Integration und Austausch als Kernelementen der zeitgenössischen Forschungsfragen der Geisteswissenschaften seit der Wende 1990 stellte sich vermehrt in den verschiedenen Projekten die Frage nach Grenzen und Grenzräumen, durch die die untersuchten Prozesse beeinflusst wurden. Mit dem Internationalen Graduiertenkolleg „Baltic Borderlands“ und der Entwicklung des Forschungsansatzes BoRDERS soll diesen aktuellen Forschungsfragen Rechnung getragen werden.
"Brasilien und Pommern - Gestern und Heute"
Projektleiter:
PD Dr. Robert Riemer und Dr. Jörg Driesner
(01.02.2014-31.01.2015)
Projekt im Rahmen des BMBF-Projekts interStudies der Universität Greifswald
Dienstag, 24. September 2019, 19.00 Uhr im Rostocker Rathaus
Dr. Jörg Driesner " Von Pommern nach Brasilien – Historische Verbindungslinien "
Impulsvorträge und Podiumsdiskussion "Brasilien - Verbindungen zu Mecklenburg-Vorpommern damals und heute"
Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung M-V in Zusammenarbeit mit enviMV - Netzwerk für Clean Technologie und Innovation aus Mecklenburg-Vorpommern
Arado-Siedlung in Anklam
Projektleiter: Dr. Jörg Driesner
(01.02.2013-31.01.2014)
Projekt im Rahmen des BMBF-Projekts interStudies der Universität Greifswald
„Die Inszenierung des Todes in Übersee. Koloniale Sepulkralkultur in Indien zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert"
[„Colonial Burial Culture in India”] , Deutsche Forschungsgemeinschaft (10/2003-09/2005).
Forschung/Research Projects
Die Geschichte des Ostseeraumes stellt einen zentralen Forschungsschwerpunkt des Lehrstuhls dar.
So ist Professor North Sprecher des Graduiertenkollegs 619 „Kontaktzone Mare Balticum: Fremdheit und Integration im Ostseeraum“ und des Internationalen Graduiertenkollegs "Baltic Borderlands". Daneben betreibt der Lehrstuhl für Allgemeine Geschichte der Neuzeit eigene, teils aus Drittmitteln finanzierte Forschungsprojekte und zahlreiche internationale Forschungskooperationen (ENBaCH, NIAS).
DFG-Sachbeihilfe zum Thema „Transfer und Rezeption von Kunst und künstlerischen Ideen aus den Niederlanden im Ostseeraum am Beispiel Dänemarks im 18. Jahrhundert“, Deutsche Forschungsgemeinschaft (10/2004-03/2005).
„Hamburg und Frankfurt vor dem Reichskammergericht: Zwei Handelszentren im Vergleich" [„Hamburg and Frankfurt before the Imperial Chamber Court: Two Commercial Centres in Comparison”], Deutsche Forschungsgemeinschaft (07/2002-06/2004).
„Forschung im Auftrag der v. der Groeben'schen Familienstiftung Langheim-Liep" (1998-2002).
Außerdem werden in Forschung und Lehre persönliche Interessenschwerpunkte der Lehrenden vertreten (Wirtschafts- und Geldgeschichte, Kunstmärkte, Identitäts- und Patriotismusdiskurs, Rechtsgeschichte des südlichen Ostseeraumes und außereuropäische Geschichte).
Aus diesen Schwerpunkten ergeben sich auch die Zukunftsperspektiven des Lehrstuhls für Allgemeine Geschichte der Neuzeit. Zum einen wird mittelfristig das Forschungsfeld Rechtsgeschichte ausgebaut, was auf der Grundlage einer intensiven Kooperation mit den Rechtshistorikern der Universität Lund (Professor K. A. Modéer) geschieht. Zudem entsteht durch einzelne Dissertationsprojekte ein Forschungsschwerpunkt im Bereich der Kultur- und Geistesgeschichte der Aufklärung (18. Jahrhundert).
Auch ist der Lehrstuhl am Forschungsschwerpunktes „Identität und Integration im Ostseeraum“ der Universität Greifswald beteiligt:
Kontakt
Lehrstuhl für Allgemeine Geschichte der Frühen Neuzeit
Historisches Institut der Universität Greifswald
Domstraße 9 A
17489 Greifswald
Telefon +49 3834 420 3331